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Welt-Nichtrauchertag: „Jede Zigarette weniger ist ein Gewinn“

Interview mit Professor Dr. Stephan Budweiser
Rauchen bleibt eines der größten vermeidbaren Gesundheitsrisiken – und dennoch fällt es vielen schwer, damit aufzuhören. Lungenkrebs gehört zu den gefährlichsten Folgen: Oft bleibt er lange unbemerkt und wird oft erst erkannt, wenn eine Heilung nicht mehr möglich ist. Und doch: Wer den Tabak hinter sich lässt, kann viel für seine Gesundheit tun. Zum Welt-Nichtrauchertag spricht Professor Dr. Stephan Budweiser, Chefarzt am RoMed Klinikum Rosenheim und Leiter des Kooperativen Lungenkrebszentrums Oberbayern Süd, über die Risiken des Rauchens, die Macht der Gewohnheit und darüber, warum es sich lohnt, jeden Tag mit dem Aufhören zu beginnen.
Herr Professor Budweiser, in Deutschland erkranken jährlich rund 55.000 Menschen an Lungenkrebs – etwa 85 Prozent davon aufgrund des Rauchens. Warum ist diese Erkrankung so gefährlich?
Prof. Dr. Budweiser: Lungenkrebs ist bei Männern die häufigste Krebstodesursache, bei Frauen rangiert er an zweiter Stelle. Das Tragische: In vielen Fällen fehlt es an klaren Frühsymptomen. Gerade Husten, der häufigste Warnhinweis, wird von Rauchern oft als „normal“ abgetan. Manche Tumorarten wachsen zudem sehr schnell und streuen früh in den ganzen Körper. Das erschwert die Behandlung enorm.
Trotz Warnungen fällt vielen der Abschied vom Rauchen schwer. Warum?
Prof. Dr. Budweiser: Rauchen ist eine komplexe Sucht – körperlich, psychisch und sozial. Über Jahrzehnte wurde der Tabakkonsum verharmlost. Wer einmal damit beginnt, kann sich nur schwer wieder davon lossagen. Viele verdrängen die Risiken, und für viele gehört die Zigarette zum Alltag – als Pausenritual, zur Entspannung, zum Stressabbau. Es gibt auch eine soziale Komponente. Man raucht gemeinsam, fühlt sich zugehörig. Diese Verknüpfung mit positiven Gefühlen zu durchbrechen, ist eine der größten Herausforderungen.
Ist es besser, schrittweise aufzuhören oder sollte man radikal aufhören?
Prof. Dr. Budweiser: Studien zeigen: Wer langsam reduziert, hat langfristig oft mehr Erfolg. Ein sofortiger Verzicht ist nicht immer der richtige Weg. Vielen hilft es, in Etappen zu arbeiten. Das senkt auch das Rückfallrisiko.
Immer mehr greifen zu E-Zigaretten oder Tabakerhitzern. Eine gesündere Alternative?
Prof. Dr. Budweiser: Sie enthalten zwar weniger Schadstoffe als herkömmliche Zigaretten, aber gesund sind sie deshalb noch lange nicht. Vor allem führen sie selten zum Rauchstopp – und genau darum geht es. Am Ende bleibt es oft nur ein Ersatzprodukt, geschickt vermarktet von der Tabakindustrie. Das Risiko der Rauchsucht verlagert sich nur.
Wie groß ist das Risiko für Menschen, die nicht selbst rauchen, aber regelmäßig Rauch ausgesetzt sind?
Prof. Dr. Budweiser: Passivrauchen ist deutlich gefährlicher, als viele glauben. Es erhöht das Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken, um 20 bis 40 Prozent. In Deutschland gehen rund 300 Neuerkrankungen pro Jahr allein darauf zurück. Das ist vor allem für Kinder alles andere als harmlos.
„Mein Opa hat geraucht und wurde 90“ – viele halten sich an solche Beispiele fest. Was sagen Sie dazu?
Prof. Dr. Budweiser: Natürlich trifft es nicht jeden. Aber das Risiko steigt deutlich je mehr und je länger jemand raucht. Bei Männern erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, an Lungenkrebs zu erkranken, um das 24-Fache im Vergleich zu Nichtrauchern. Und das ist längst nicht alles: Jeder vierte bis fünfte Raucher entwickelt COPD, eine chronische, fortschreitende und schwere Atemwegserkrankung. Dazu kommt ein deutlich höheres Risiko für Herzinfarkte, Schlaganfälle und andere Gefäßkrankheiten. Rauchen bleibt eines der größten Gesundheitsrisiken – auch wenn es im Einzelfall gut ausgehen kann.
Kann sich die Lunge regenerieren oder bleibt das Risiko erhöht?
Prof. Dr. Budweiser: Jede Zigarette, die nicht geraucht wird, ist ein Gewinn für die Gesundheit. Das Risiko für Lungenkrebs sinkt mit der Dauer der Abstinenz. Ganz auf das Niveau eines lebenslangen Nichtrauchers kehrt es zwar nicht zurück, trotzdem lohnt sich der Ausstieg immer und in jedem Fall.
Was können Menschen tun, die mit dem Rauchen aufhören wollen?
Prof. Dr. Budweiser: Es gibt zahlreiche Hilfsangebote, auch online oder spezielle Apps, die den Rauchstopp erleichtern können. Wer alleine nicht weiterkommt, sollte sich zunächst an seinen Hausarzt oder einen Lungenfacharzt wenden. Viele Ärzte haben eine spezielle Ausbildung in der Tabakentwöhnung und können individuell unterstützen. Auch in Rehabilitationsprogrammen wird der Rauchstopp häufig als wichtiger Bestandteil behandelt, um langfristige Erfolge zu erzielen.
Was möchten Sie den Menschen zum Welt-Nichtrauchertag mit auf den Weg geben?
Prof. Dr. Budweiser: Nehmen Sie die gesundheitlichen Folgen des Rauchens ernst. Jeder Tag ohne Zigarette ist ein Schritt in ein gesünderes Leben. Wenn Beschwerden auftreten, die nicht verschwinden – etwa ein Husten – gehen Sie zum Arzt. Dahinter kann mehr stecken. Die gute Nachricht: Die Medizin hat enorme Fortschritte gemacht, besonders bei früher Diagnose. Nutzen Sie diese Chance und machen Sie den ersten Schritt. Für Ihre Gesundheit.